Logopädische Versorgung von Late Talkers in Zeiten einer Pandemie

Beschreibung:
Hintergrund: Auch in Zeiten einer Pandemie gilt es, den logopädischen Versorgungs-auftrag durch qualitativ hochstehende und bedarfsgerechte Behandlung aufrecht zu erhalten. Die Relevanz des frühen Spracherwerbs als Prädiktor für die weitere Entwicklung rückt die Gruppe der Late Talkers (bis 36 Monate) für diese explorative Untersuchung in den Fokus.
Ziel: Unter logopädischen Qualitätskriterien sollen die Aspekte Behandlungskontinuität,-form und -setting in der Arbeit mit Late Talkers für die Zeit vor und während der Pandemie beschrieben werden, um daraus Chancen für zukünftige Entscheidungsfindungsprozesse abzuleiten.
Methode: Auf Basis einer Literaturrecherche wurde ein quantitativer Online-Fragebogen erstellt, mittels qualitativen Pretests optimiert und an Logopäd*innen, die in Österreich mit Late Talkers arbeiten, versendet. Ergebnisse wurden vorwiegend deskriptiv analysiert, Unterschiede und Korrelationen wurden interferenzstatistisch gegen den Zufall abgesichert.
Ergebnisse: Massive Einbrüche der Behandlungskontinuität wurden vor allem im Lockdown des Frühjahrs 2020 beobachtet. Eltern von Late Talkers nahmen während der Pandemie eine zentrale Schlüsselposition in der Behandlung ein. Seit Ausbruch der Pandemie wurden vermehrt elternzentrierte Ansätze verwendet und Chancen in dieser Form der Intervention erkannt. Während die direkte Therapie mit Late Talkers via Videotelefonie keine machbare Option darstellte, wurden Elternberatungen oder -trainings in diesem Setting häufiger durchgeführt und von den Logopäd*innen positiv bewertet.
Schlussfolgerung: Die herausfordernden Bedingungen der Pandemie eröffneten neue Möglichkeiten in der Behandlung von Late Talkers. Potentiale der nachweislich wirksamen elternzentrierten Interventionsform, welche sich unter pandemischen Rahmenbedingungen sowohl im Face-to-Face-Setting, als auch via Videotelefonie realisieren lässt, konnten ausgeschöpft werden, insofern die Compliance der Eltern gegeben ist. Klare rechtliche Voraussetzungen, die fachliche Qualifikation im Bereich elternzentrierter Ansätze und Tele-Interventionen sowie weitere Interventionsstudien zur Wirksamkeit sind jedoch Voraussetzung für die nachhaltige Implementierung neuer Settings in der Logopädie.
Weitere Informationen:
Beschreibung der Methoden/Verfahren der statistischen Datenanalyse:
Der Fragebogen beinhaltete hauptsächlich Fragen mit geschlossenem Antwortformat, wobei bei Multiple-Choice-Fragen die vorgegebenen Antwortkategorien meist durch eine offene Kategorie ergänzt werden konnten. Um die Fragenfilterung zu ermöglichen, wurden teilweise dichotome Antwortformate gewählt und Zahlen- und Prozentangaben über ein Dropdown-Menü abgefragt. Der Fragebogen lieferte somit sowohl nominale, ordinale, als auch intervallskalierte Daten. Aus den beiden fakultativen offenen Abschlussfragen gingen qualitative Daten in Form von Textantworten hervor.
Vor der eigentlichen Datenauswertung wurden alle Datensätze auf Plausibilität geprüft und gegebenenfalls Variablen zur weiteren Berechnung unter Dokumentation der einzelnen Schritte transformiert. So wurden beispielsweise Alters- oder Prozentangaben in Spannen eingegliedert, um die grafische Darstellung zu erleichtern. Außerdem wurden optional getätigte Erläuterungen bei Multiple-Choice-Fragen wenn möglich einer Kategorie zugeordnet oder weiter als „Sonstiges“ verwertet.
Zur Auswertung der Datensätze wurden hauptsächlich deskriptivstatistische Verfahren eingesetzt. Je nach Skalenniveau und Sinnhaftigkeit der Aggregationstiefe wurden Daten gegebenenfalls gruppiert und nach absoluter und prozentueller Häufigkeit in Form von Tabellen, Balken- oder Kreisdiagrammen dargestellt. Für die statistische Analyse wurden metrische Variablen mittels Kolmogorov-Smirnov-Test mit einem Signifikanzniveau von 5 % (p ≤ .05) auf Normalverteilung geprüft. Bei bestätigter Normalverteilung wurden der Mittelwert und die Standardabweichung berechnet, in allen anderen Fällen wurden Lage und Streuung der Daten durch Modus, Median und gegebenenfalls den Interquartilsabstand beschrieben. Für weitere interferenzstatistische Verfahren wurde ebenfalls ein Signifikanzniveau von 5 % (p ≤. 05) festgelegt, sie dienen in vorliegender Arbeit jedoch nicht der Hypothesenprüfung und wurden daher spärlich eingesetzt. Zur Analyse der Differenz zentraler Tendenzen wurde für verbundene Stichproben und ordinalskalierte Variablen der Wilcoxon-Test verwendet, Zusammenhänge wurden mittels Rangkorrelationsanalysen nach Spearman untersucht. Effektstärken wurden mittels Korrelationskoeffizient (r) angegeben und nach Cohen (1988, 82) interpretiert.
Qualitative Daten in Form von Texten und Ergänzungen, wie beispielsweise bei den beiden offenen Abschlussfragen, wurden mittels qualitativer Datenanalyse verarbeitet, wobei nach den von Döring und Bortz (2016, 603ff) vorgeschlagenen kategorienbildenden Arbeitsschritten vorgegangen wurde. Bei dieser induktiven Analyse wurden Texte zunächst in Analyseeinheiten segmentiert und diesen Einheiten Codes zugeordnet, um sie im Anschluss in übergeordneten Kategorien zusammenfassen zu können.
Ja
Reheis, J. (2021). Logopädische Versorgung von Late Talkers in Zeiten einer Pandemie. Frechen: forum-logopaedie.de
- Aktive Logopäd*in in Österreich, mindestens ein Jahr Berufserfahrung, Arbeit mit Late Talkers
Kein*e Berufsangehörige*r der Berufsgruppe Logopädie, weniger als ein Jahr Berufserfahrung, keine aktive Arbeit mit Late Talkers, Teilnahme an Pretest-Interviews
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Fragebogen
s.o.
SPSS (Version 26) und Excel (Version 2019)
2 MB